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Ritika (Diskussion | Beiträge) (→Immer mehr junge Erwachsene bleiben heute bei ihren Eltern wohnen. Die Gründe dafür sind vielfältig.) |
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=== Immer mehr junge Erwachsene bleiben heute bei ihren Eltern wohnen. Die Gründe dafür sind vielfältig. === | === Immer mehr junge Erwachsene bleiben heute bei ihren Eltern wohnen. Die Gründe dafür sind vielfältig. === | ||
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+ | ====KuBus 55 - Hotel Mama | ||
+ | 00'08" | ||
+ | Immer mehr junge Erwachsene wohnen heute länger bei ihren Eltern als früher. Vor allem junge | ||
+ | Männer bleiben gerne im "Hotel Mama". Dort ist es bequemer und billiger als in einer eigenen | ||
+ | Wohnung. Wissenschaftler sprechen von dem "Nesthocker" - Phänomen. | ||
+ | Benjamin Heitfeld ist 23 Jahre alt. Auch er wohnt noch bei seinen Eltern. | ||
+ | 00'43" O-Ton Benjamin Heitfeld: | ||
+ | "Irgendwann auszuziehen, da habe ich noch nicht so drüber nachgedacht, weil es eigentlich | ||
+ | unheimlich gut zu Hause geht. Deshalb denke ich da auch noch nicht dran. Bei Freunden sehe ich | ||
+ | das so, die haben immer Probleme mit ihren Eltern gehabt, die ziehen dann aus und haben damit | ||
+ | nichts mehr am Hut. Aber ich habe im Moment noch nicht die Absicht, auszuziehen. Es ist schön | ||
+ | hier. Man kann gut hier wohnen – leben!" | ||
+ | 01'07" O-Ton Elke Heitfeld: | ||
+ | "Ich würde das niemals forcieren – einen Auszug. Solange das Wohlgefühl für alle Beteiligten da ist | ||
+ | und es keine Spannungen gibt, die nicht lösbar wären in dieser Wohnformation, dann würde ich | ||
+ | das niemals forcieren." | ||
+ | 01'29" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: | ||
+ | "Was in der Gesellschaft heute so als Erziehungsideal gilt, ist eben so dieses demokratische, Wirsind-ja-alle-gute-Freunde-mit-unseren-Kindern. Das ist eben so etwas, was jetzt neu ist. Und | ||
+ | gesellschaftlich relevant ist es vielleicht auch, das in Krisenzeiten – also zum Beispiel ökonomisch | ||
+ | schwierigen Zeiten, wie wir sie jetzt auch schon lange haben – hat die Familie wieder mehr | ||
+ | Stellenwert, gibt Halt, diese Solidargemeinschaft, wir unterstützen unsere Kinder eben sehr lange." | ||
+ | 02'02" | ||
+ | Ab und zu hilft Benjamin im Haushalt, aber den Großteil der anfallenden Arbeiten erledigen seine Mutter und sein Vater. | ||
+ | 02'24" O-Ton Harald Heitfeld: "Ja, den Benjamin würde ich mehr als Freund bezeichnen. Wir können uns über viele Sachen gut | ||
+ | unterhalten, wenn der ein oder andere Probleme hat. Wir sind uns sicherlich sehr nah, das ist die | ||
+ | Vater-Sohn-Beziehung. Wir sind irgendwo Freunde, wir machen gerne was zusammen." | ||
+ | 02'46" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: | ||
+ | "Es gibt praktisch nicht mehr so einen Generationenkonflikt, wo es so richtig gezofft hat. Und | ||
+ | wenn, dann schon gar nicht um grundlegende Dinge. Eher so um Telefon, Schuhe stehen im Weg | ||
+ | und solche Dinge. Und das wirkt sich praktisch im verspäteten Jugendalter dahingehend aus, dass | ||
+ | auch die Ablösung schwerer fällt. Weil es so schön ist zu Hause und man abends zusammensitzt | ||
+ | und mit den Eltern erzählt, würde man sagen, ich verliere etwas, ich würde meine Eltern | ||
+ | vermissen." | ||
+ | 03'42" | ||
+ | Benjamin ist auf dem Weg zur Arbeit. Er macht eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Wenn er in | ||
+ | einem Jahr fertig ist, möchte er noch einen weiteren Beruf erlernen, um den Anforderungen des | ||
+ | Arbeitsmarktes gewachsen zu sein. Seine Eltern haben ihm ihre Unterstützung schon zugesagt. | ||
+ | 04'15" O-Ton Benjamin Heitfeld: | ||
+ | "Ein Grund auszuziehen wäre, denke ich mal, eine Beziehung, die irgendwann kommt. Eine feste | ||
+ | Beziehung, in der man zusammenzieht. Das wäre, denke ich mal, ein Grund auszuziehen, weil es | ||
+ | hier zu Hause doch nicht so groß ist. Und ich glaube nicht, dass meine Eltern das mitmachen, | ||
+ | wenn wir hier zu zweit wohnen." | ||
+ | 04'32" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: | ||
+ | "In den siebziger Jahren gab es dann diese Zeit, in der junge Menschen ausgezogen sind, um | ||
+ | erstmal alleine zu wohnen. Vor allem junge Frauen, die gesagt haben, jetzt möchte ich doch | ||
+ | erstmal meine Ruhe haben und nicht gleich für einen Mann oder Kinder sorgen müssen. Auch weil | ||
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+ | auf eigene Füße stellen konnten und das auch genossen haben. Da war es eben toll, mit | ||
+ | Freundinnen oder anderen Leuten oder alleine zu wohnen." | ||
+ | 05'06" | ||
+ | In den siebziger Jahren stellten die Jugendlichen die traditionellen Familienbindungen und | ||
+ | veralteten Moralvorstellungen in Frage. Man zog so früh wie möglich von zu Hause aus und | ||
+ | erprobte alternative Formen des Zusammenlebens – wie die Wohngemeinschaft. | ||
+ | 05'44" Gewalttätige Auseinandersetzungen mit den Obrigkeiten und massive Demonstrationen führten | ||
+ | zum Bruch mit traditionellen Werten. Die Ideen der 68er Generation bewirkten einen | ||
+ | tiefgreifenden Wertewandel in der Bundesrepublik. | ||
+ | 06'03" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: | ||
+ | "Was sich im Verhältnis zu früher sicherlich geändert hat, ist, dass es heutzutage sozusagen | ||
+ | salonfähig ist, bei seinen Eltern zu wohnen. Es kommt natürlich auch noch dazu, dass die | ||
+ | Wohnbedingungen gut sind. Also diese Neigung, zu Hause wohnen zu bleiben ist ausgeprägter bei | ||
+ | denen, deren Eltern ein eigenes Haus haben. Die haben dann ja teilweise abgeschlossene | ||
+ | Wohnräume, Einliegerwohnung, Dachgeschoss oder Keller. So dass sie ein bisschen ungestörter | ||
+ | sind. Und das war ja vor dreißig Jahren auch noch seltener." | ||
+ | 07'00" | ||
+ | Bei der Familie Wollenstein aus Köln wohnen alle vier Töchter noch zu Hause. Die beiden älteren | ||
+ | – Janine und Miriam – verdienen schon seit Jahren ihr eigenes Geld. | ||
+ | Mit dem Thema Auszug hat sich noch keine der Töchter beschäftigt. Denn die Vorteile vom "Hotel | ||
+ | Mama" liegen auf der Hand: Wenn sie vom Arbeiten kommen, ist das Essen meistens fertig, der | ||
+ | Tisch ist gedeckt. Auch die Freunde der Mädchen sind gern gesehene Gäste. | ||
+ | 07'41" O-Ton Eva-Maria Wollenstein: | ||
+ | "Ich habe jetzt schon ganz oft versucht zu sagen, ihr seid jetzt nicht mehr Kinder. Natürlich sind es | ||
+ | immer meine Kinder. Aber ihr seit jetzt Erwachsene – und dass wir das eher versuchen, hier wie so | ||
+ | eine Wohngemeinschaft. Hier leben jetzt fünf Erwachsene im Haushalt, und das könnten wir jetzt | ||
+ | eigentlich gemeinschaftlich regeln. Alle haben ihre Schule, ihren Job, da kann jetzt nicht einer sein, | ||
+ | der das hier alles für euch macht. Ich bin immer Anlaufstelle, man kann mich immer fragen, und | ||
+ | ich werde immer irgendwo auch Mutter bleiben, aber vom Helfen hier, vom Arbeiten her könnte | ||
+ | da jetzt langsam für die Kinder auch eine Erwachsenenebene kommen." | ||
+ | 08'23" O-Ton Miriam Wollenstein: | ||
+ | "Vielleicht nach der Ausbildung würde ich versuchen, auszuziehen. Eventuell auch in eine | ||
+ | Wohngemeinschaft. Wobei es da jetzt noch keine wirklich konkreten Pläne gibt. Aber es ist nicht | ||
+ | so, dass ich jetzt hier ewig wohnen bleiben möchte. Es wird definitiv irgendwann passieren." | ||
+ | 08'51" O-Ton Janine Wollenstein: | ||
+ | "Ich denke mal, für beide Seiten ist es dann auch irgendwann Zeit. Aber wenn wir alle weg sind – | ||
+ | alle vier – dann werden die sich noch umgucken. Dann wird es hier nämlich verdammt ruhig." | ||
+ | 09'12" Für die Töchter der Wollensteins ist es selbstverständlich, sich aus dem Kleiderschrank ihrer Mutter | ||
+ | zu bedienen. Inzwischen bügeln sie die Kleidung zumindest selber – dafür hat Mutter Eva-Maria | ||
+ | aber lange kämpfen müssen. | ||
+ | Ansonsten ist das Helfen im Haushalt bislang weitgehend tabu. | ||
+ | 09'35" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: | ||
+ | "Kinder und Jugendliche wollen eine gewisse Autorität. Und da kann man sich mal aufregen, mal | ||
+ | streiten, hinterher wieder versöhnen und das ist etwas Gesundes. Also Demokratie in einem | ||
+ | Rahmen, wo auch klare Grenzen und auch Positionen sind. Die müssen einfach klar sein und auch | ||
+ | konsequent eingehalten werden. Sonst erzeugen wir eine neue Generation kleiner Machos und | ||
+ | Nesthocker, die auch ziemlich anstrengend sind." | ||
+ | 10'06" | ||
+ | Für viele Nesthocker wäre der Auszug aus dem Elternhaus ein sozialer Abstieg. Wer eine eigene | ||
+ | Wohnung und das eigene Leben finanzieren muss, kann sich keine teuren Hobbys, Reisen, ein | ||
+ | Handy oder ein eigenes Auto leisten. | ||
+ | 10'25" O-Ton Miriam Wollenstein: | ||
+ | "Sport – da können im Monat schon mal so dreißig bis fünfzig Euro draufgehen." | ||
+ | 10'28" O-Ton Janine Wollenstein: | ||
+ | "Das ist ein gewisser Luxus – auf jeden Fall. Auch das Weggehen. Das sind alles Dinge, die man | ||
+ | sich jetzt noch leisten kann, weil man eben noch bei den Eltern zu Hause wohnt." | ||
+ | 10'42" | ||
+ | Bis jetzt müssen Janine und Miriam zu Hause noch kein Geld abgeben. Aber die Eltern machen | ||
+ | sich inzwischen so ihre Gedanken. | ||
+ | 10'53" O-Ton Wilfried Wollenstein: | ||
+ | "Wenn man mal alles zusammenrechnet mit dem Haus, also Gas, Wasser, Strom und was alles | ||
+ | dazukommt, das ist schon erheblich. Und das rechnen die irgendwie auch gar nicht, dass so ein | ||
+ | Zimmer auch anteilig vom Haus Kosten verursacht." | ||
+ | 11'06" O-Ton Eva-Maria Wollenstein: | ||
+ | "Ich finde das eigentlich schon ganz legitim, dass die auch etwas dazuzahlen. Die verdienen ihr | ||
+ | Geld, und wenn die im Grunde hier alles bekommen und haben ihr komplettes Gehalt für sich | ||
+ | alleine, dann haben die mehr, als ich so im Monat frei für mich zur Verfügung habe." 11'34" O-Ton Eva-Maria Wollenstein: | ||
+ | "Wir haben schon mal so scherzhaft gesagt, hier drüben wurden Eigentumswohnungen verkauft, | ||
+ | und da habe ich irgendwann gesagt, weißt du was, Wilfried, am besten nehmen wir uns da drüben | ||
+ | so eine kleine Wohnung für uns und dann machen wir die Tür zu. Und dann gehen wir ab und zu | ||
+ | mal gucken, ob drüben im Haus noch alles in Ordnung ist. Einfach, um mal so eine Privatsphäre | ||
+ | für uns zu bekommen." ==== | ||
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{{Aufgabe|'''Finden Sie richtige Variante!''' | {{Aufgabe|'''Finden Sie richtige Variante!''' |
Aktuelle Version vom 26. April 2012, 18:06 Uhr
Immer mehr junge Erwachsene bleiben heute bei ihren Eltern wohnen. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Bestimmen Sie bitte diese Gründe!
====KuBus 55 - Hotel Mama 00'08" Immer mehr junge Erwachsene wohnen heute länger bei ihren Eltern als früher. Vor allem junge Männer bleiben gerne im "Hotel Mama". Dort ist es bequemer und billiger als in einer eigenen Wohnung. Wissenschaftler sprechen von dem "Nesthocker" - Phänomen. Benjamin Heitfeld ist 23 Jahre alt. Auch er wohnt noch bei seinen Eltern. 00'43" O-Ton Benjamin Heitfeld: "Irgendwann auszuziehen, da habe ich noch nicht so drüber nachgedacht, weil es eigentlich unheimlich gut zu Hause geht. Deshalb denke ich da auch noch nicht dran. Bei Freunden sehe ich das so, die haben immer Probleme mit ihren Eltern gehabt, die ziehen dann aus und haben damit nichts mehr am Hut. Aber ich habe im Moment noch nicht die Absicht, auszuziehen. Es ist schön hier. Man kann gut hier wohnen – leben!" 01'07" O-Ton Elke Heitfeld: "Ich würde das niemals forcieren – einen Auszug. Solange das Wohlgefühl für alle Beteiligten da ist und es keine Spannungen gibt, die nicht lösbar wären in dieser Wohnformation, dann würde ich das niemals forcieren." 01'29" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: "Was in der Gesellschaft heute so als Erziehungsideal gilt, ist eben so dieses demokratische, Wirsind-ja-alle-gute-Freunde-mit-unseren-Kindern. Das ist eben so etwas, was jetzt neu ist. Und gesellschaftlich relevant ist es vielleicht auch, das in Krisenzeiten – also zum Beispiel ökonomisch schwierigen Zeiten, wie wir sie jetzt auch schon lange haben – hat die Familie wieder mehr Stellenwert, gibt Halt, diese Solidargemeinschaft, wir unterstützen unsere Kinder eben sehr lange." 02'02" Ab und zu hilft Benjamin im Haushalt, aber den Großteil der anfallenden Arbeiten erledigen seine Mutter und sein Vater. 02'24" O-Ton Harald Heitfeld: "Ja, den Benjamin würde ich mehr als Freund bezeichnen. Wir können uns über viele Sachen gut unterhalten, wenn der ein oder andere Probleme hat. Wir sind uns sicherlich sehr nah, das ist die Vater-Sohn-Beziehung. Wir sind irgendwo Freunde, wir machen gerne was zusammen." 02'46" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: "Es gibt praktisch nicht mehr so einen Generationenkonflikt, wo es so richtig gezofft hat. Und wenn, dann schon gar nicht um grundlegende Dinge. Eher so um Telefon, Schuhe stehen im Weg und solche Dinge. Und das wirkt sich praktisch im verspäteten Jugendalter dahingehend aus, dass auch die Ablösung schwerer fällt. Weil es so schön ist zu Hause und man abends zusammensitzt und mit den Eltern erzählt, würde man sagen, ich verliere etwas, ich würde meine Eltern vermissen." 03'42" Benjamin ist auf dem Weg zur Arbeit. Er macht eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Wenn er in einem Jahr fertig ist, möchte er noch einen weiteren Beruf erlernen, um den Anforderungen des Arbeitsmarktes gewachsen zu sein. Seine Eltern haben ihm ihre Unterstützung schon zugesagt. 04'15" O-Ton Benjamin Heitfeld: "Ein Grund auszuziehen wäre, denke ich mal, eine Beziehung, die irgendwann kommt. Eine feste Beziehung, in der man zusammenzieht. Das wäre, denke ich mal, ein Grund auszuziehen, weil es hier zu Hause doch nicht so groß ist. Und ich glaube nicht, dass meine Eltern das mitmachen, wenn wir hier zu zweit wohnen." 04'32" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: "In den siebziger Jahren gab es dann diese Zeit, in der junge Menschen ausgezogen sind, um erstmal alleine zu wohnen. Vor allem junge Frauen, die gesagt haben, jetzt möchte ich doch erstmal meine Ruhe haben und nicht gleich für einen Mann oder Kinder sorgen müssen. Auch weil immer mehr Frauen auch immer längere Ausbildungen gemacht haben und sich auch ökonomisch auf eigene Füße stellen konnten und das auch genossen haben. Da war es eben toll, mit Freundinnen oder anderen Leuten oder alleine zu wohnen." 05'06" In den siebziger Jahren stellten die Jugendlichen die traditionellen Familienbindungen und veralteten Moralvorstellungen in Frage. Man zog so früh wie möglich von zu Hause aus und erprobte alternative Formen des Zusammenlebens – wie die Wohngemeinschaft. 05'44" Gewalttätige Auseinandersetzungen mit den Obrigkeiten und massive Demonstrationen führten zum Bruch mit traditionellen Werten. Die Ideen der 68er Generation bewirkten einen tiefgreifenden Wertewandel in der Bundesrepublik. 06'03" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: "Was sich im Verhältnis zu früher sicherlich geändert hat, ist, dass es heutzutage sozusagen salonfähig ist, bei seinen Eltern zu wohnen. Es kommt natürlich auch noch dazu, dass die Wohnbedingungen gut sind. Also diese Neigung, zu Hause wohnen zu bleiben ist ausgeprägter bei denen, deren Eltern ein eigenes Haus haben. Die haben dann ja teilweise abgeschlossene Wohnräume, Einliegerwohnung, Dachgeschoss oder Keller. So dass sie ein bisschen ungestörter sind. Und das war ja vor dreißig Jahren auch noch seltener." 07'00" Bei der Familie Wollenstein aus Köln wohnen alle vier Töchter noch zu Hause. Die beiden älteren – Janine und Miriam – verdienen schon seit Jahren ihr eigenes Geld. Mit dem Thema Auszug hat sich noch keine der Töchter beschäftigt. Denn die Vorteile vom "Hotel Mama" liegen auf der Hand: Wenn sie vom Arbeiten kommen, ist das Essen meistens fertig, der Tisch ist gedeckt. Auch die Freunde der Mädchen sind gern gesehene Gäste. 07'41" O-Ton Eva-Maria Wollenstein: "Ich habe jetzt schon ganz oft versucht zu sagen, ihr seid jetzt nicht mehr Kinder. Natürlich sind es immer meine Kinder. Aber ihr seit jetzt Erwachsene – und dass wir das eher versuchen, hier wie so eine Wohngemeinschaft. Hier leben jetzt fünf Erwachsene im Haushalt, und das könnten wir jetzt eigentlich gemeinschaftlich regeln. Alle haben ihre Schule, ihren Job, da kann jetzt nicht einer sein, der das hier alles für euch macht. Ich bin immer Anlaufstelle, man kann mich immer fragen, und ich werde immer irgendwo auch Mutter bleiben, aber vom Helfen hier, vom Arbeiten her könnte da jetzt langsam für die Kinder auch eine Erwachsenenebene kommen." 08'23" O-Ton Miriam Wollenstein: "Vielleicht nach der Ausbildung würde ich versuchen, auszuziehen. Eventuell auch in eine Wohngemeinschaft. Wobei es da jetzt noch keine wirklich konkreten Pläne gibt. Aber es ist nicht so, dass ich jetzt hier ewig wohnen bleiben möchte. Es wird definitiv irgendwann passieren." 08'51" O-Ton Janine Wollenstein: "Ich denke mal, für beide Seiten ist es dann auch irgendwann Zeit. Aber wenn wir alle weg sind – alle vier – dann werden die sich noch umgucken. Dann wird es hier nämlich verdammt ruhig." 09'12" Für die Töchter der Wollensteins ist es selbstverständlich, sich aus dem Kleiderschrank ihrer Mutter zu bedienen. Inzwischen bügeln sie die Kleidung zumindest selber – dafür hat Mutter Eva-Maria aber lange kämpfen müssen. Ansonsten ist das Helfen im Haushalt bislang weitgehend tabu. 09'35" O-Ton Dr. Christiane Papastefanou, Universität Mannheim: "Kinder und Jugendliche wollen eine gewisse Autorität. Und da kann man sich mal aufregen, mal streiten, hinterher wieder versöhnen und das ist etwas Gesundes. Also Demokratie in einem Rahmen, wo auch klare Grenzen und auch Positionen sind. Die müssen einfach klar sein und auch konsequent eingehalten werden. Sonst erzeugen wir eine neue Generation kleiner Machos und Nesthocker, die auch ziemlich anstrengend sind." 10'06" Für viele Nesthocker wäre der Auszug aus dem Elternhaus ein sozialer Abstieg. Wer eine eigene Wohnung und das eigene Leben finanzieren muss, kann sich keine teuren Hobbys, Reisen, ein Handy oder ein eigenes Auto leisten. 10'25" O-Ton Miriam Wollenstein: "Sport – da können im Monat schon mal so dreißig bis fünfzig Euro draufgehen." 10'28" O-Ton Janine Wollenstein: "Das ist ein gewisser Luxus – auf jeden Fall. Auch das Weggehen. Das sind alles Dinge, die man sich jetzt noch leisten kann, weil man eben noch bei den Eltern zu Hause wohnt." 10'42" Bis jetzt müssen Janine und Miriam zu Hause noch kein Geld abgeben. Aber die Eltern machen sich inzwischen so ihre Gedanken. 10'53" O-Ton Wilfried Wollenstein: "Wenn man mal alles zusammenrechnet mit dem Haus, also Gas, Wasser, Strom und was alles dazukommt, das ist schon erheblich. Und das rechnen die irgendwie auch gar nicht, dass so ein Zimmer auch anteilig vom Haus Kosten verursacht." 11'06" O-Ton Eva-Maria Wollenstein: "Ich finde das eigentlich schon ganz legitim, dass die auch etwas dazuzahlen. Die verdienen ihr Geld, und wenn die im Grunde hier alles bekommen und haben ihr komplettes Gehalt für sich alleine, dann haben die mehr, als ich so im Monat frei für mich zur Verfügung habe." 11'34" O-Ton Eva-Maria Wollenstein: "Wir haben schon mal so scherzhaft gesagt, hier drüben wurden Eigentumswohnungen verkauft, und da habe ich irgendwann gesagt, weißt du was, Wilfried, am besten nehmen wir uns da drüben so eine kleine Wohnung für uns und dann machen wir die Tür zu. Und dann gehen wir ab und zu mal gucken, ob drüben im Haus noch alles in Ordnung ist. Einfach, um mal so eine Privatsphäre für uns zu bekommen." ====
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