Verschiedene Arten der Sterbehilfe
Arten der Sterbehilfe
Zu unterscheiden ist die Sterbehilfe von der in Deutschland je nach Umständen straflosen oder strafbaren Beihilfe zum Suizid (anders in den Niederlanden; dort ist der assistierte Suizid aktive Sterbehilfe), dem ärztlichen Behandlungsabbruch auf Verlangen des betroffenen Patienten (evtl. auch durch eine dazu bevollmächtigte Person), dem in Deutschland straflosen Ausschalten von Geräten (wie Beatmungsgeräten) oder das Unterlassen von Reanimationsversuchen nachdem der Hirntod bereits eingetreten ist, der in Deutschland straflosen Hilfe im Sterbeprozess: Verabreichen von Medikamenten, die schmerzstillend sind und das Leben nicht vorsätzlich verkürzen. Man unterscheidet bei der Sterbehilfe zumeist grob die drei Formen aktive, indirekte und passive Sterbehilfe. Dazu können gehören:
- Aktive Sterbehilfe („Tötung auf Verlangen”, „erweiterte Selbsttötung"; Schweiz: aktive direkte Sterbehilfe, Niederlande: Euthanasie),
- Passive Sterbehilfe: „Unterlassung lebensverlängernder Maßnahmen bei Schwerkranken“ (nach juristischer Auffassung nicht immer[3] oder nie[1] passive Sterbehilfe),
- Indirekte Sterbehilfe: in der Schweiz: indirekte aktive Sterbehilfe, Niederlande: Double-effect.
Aktive Sterbehilfe
Aktive Sterbehilfe ist die Durchführung von lebensverkürzenden Maßnahmen auf Grund des tatsächlichen oder mutmaßlichen Wunsches einer Person.
Gabe von direkt tödlichen Medikamenten Aktive Sterbehilfe erfolgt oft durch Verabreichung einer Überdosis eines Schmerz- und Beruhigungsmittels, Narkosemittels, Muskelrelaxans, Insulin, durch Kaliuminjektion oder eine Kombination davon.
Ist der tatsächliche Wille der Person nicht zu ermitteln, kann eine Patientenverfügung oder der früher geäußerte Wille hierfür Anhaltspunkte geben. Eine Tötung ohne Vorliegen einer Willensäußerung des Betroffenen wird allgemein nicht als aktive Sterbehilfe, sondern als Totschlag oder Mord aufgefasst.
Die aktive Sterbehilfe ist verboten:
in Deutschland, in Österreich, in der Schweiz
In den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe ebenfalls verboten, allerdings nicht strafbar, wenn sie von einem Arzt unter Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten begangen wurde und dem Leichenbeschauer Meldung erstattet wurde.
Passive Sterbehilfe
Passive Sterbehilfe (bewusstes Sterbenlassen) - nach juristischer Auffassung nicht immer oder nie passive Sterbehilfe - nennt man die Unterlassung lebensverlängernder Maßnahmen bei Schwerkranken oder Unfallopfern, bei denen keine Hoffnung auf Besserung mehr besteht.
Hierzu zählt das Einstellen von lebenserhaltenden Maßnahmen wie z. B.:
Abbruch von künstlicher Ernährung, Flüssigkeitszufuhr oder Medikamentengaben, Abbruch von Beatmung oder Intubation, Abbruch von Dialyse, Abbruch von Reanimation nach einem Unfall vor Eintritt des Hirntodes. Diese Form der Sterbehilfe ist strafgesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, jedoch durch richterliche Rechtsfortschreibung hinreichend geklärt .
Der Begriff der passiven Sterbehilfe ist juristisch teils widersinnig. Jede ärztliche Behandlung ist ein Eingriff in das Grundrecht des Patienten auf körperliche Unversehrtheit, auch wenn die Behandlung medizinisch angezeigt ist und sich nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird. Dieser Eingriff ist allerdings dann gerechtfertigt, wenn der Patient zustimmt oder der Eingriff dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht, es also anzunehmen ist, dass der Patient der Behandlung zugestimmt hätte.
Häufig ist in Bezug auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom zu lesen, dass Patientenverfügungen nur im Fall des irreversiblen Verlaufs verbindlich wären. Die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung ist aber unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet .
Befürworter einer Reichweitenbeschränkung argumentieren, dass Sterbesituationen nicht vorhersehbar seinen und daher der Wille nicht sicher festgestellt werden könne. Kann aber kein sicherer Wille festgestellt werden, ist nach dem mutmaßlichen Willen zu entscheiden, der nach den Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen des Patienten zu ermitteln ist. "Den mutmaßlichen Willen des Patienten zu erforschen bedeutet, nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen, was der Patient für sich selbst in der Situation entscheiden würde, wenn er es könnte" formuliert die Bundesärztekammer.
Für den Fall, dass eine Patientenverfügung das Unterlassen von Maßnahmen bei einer Erkrankung vorsieht, die noch nicht in ein Stadium des unumkehrbaren tödlichen Verlauf getreten ist, das Befolgen der Patientenverfügung aber zum Tod führen würde obwohl noch realistische Aussichten auf Heilung bestehen, ist nach derzeitiger Rechtslage die Patientenverfügung für einen Betreuer/Bevollmächtigten nicht zwingend verbindlich, wenn der Wille des Patienten für die konkrete Behandlungssituation nicht eindeutig und sicher festgestellt werden kann .
Im Fall, dass der Wille nicht eindeutig und sicher festgestellt werden kann, liegt es also im Ermessen des Betreuers bzw. des Bevollmächtigten, zu entscheiden, ob eine Behandlung abgebrochen oder fortgesetzt wird, und zwar unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet. Hat das Gericht Kenntnis von einer Bevollmächtigung, darf es auch dann keinen Betreuer bestellen, wenn der Betroffene mittels Patientenverfügung lebensrettende Behandlungen ausschließt . Im Fall des irreversiblen tödlichen Verlaufs ist eine auf die Situation bezogene Patientenverfügung auf jeden Fall verbindlich. Ein Betreuer oder Bevollmächtigter darf dann nicht einen anderen Willen annehmen .
Ein Behandeln entgegen dem mutmaßlichen Willen des Patienten, also das einfache Missachten einer Patientenverfügung, erfüllt den Straftatbestand der Körperverletzung. Erfolgt die passive Sterbehilfe hingegen ohne wenigstens ausreichende mutmaßliche Einwilligung der Person ist sie als Tötung durch Unterlassen strafbar. Sterben lassen durch Unterlassen ist in der BRD zumindest nach § 323c StGB wegen unterlassener Hilfeleistung oder, Misshandlung von Schutzbefohlenen, strafbar. Evtl. kommen auch andere Tötungsdelikte in Betracht.
Hierbei ist zu unterscheiden:
- Ein einvernehmlicher Verzicht auf weitere Maßnahmen wird nicht bestraft wenn sie auf Verlangen eines einwilligungsfähigen Patienten erfolgt. Bei nicht einwilligungsfähigen Patienten gelten frühere Patientenverfügungen als wichtige Informationsquelle für den dann Ausschlag gebenden „mutmaßlichen Willen“ des Patienten. In Deutschland wird diese Fallgruppe strafrechtlich nicht von § 216 StGB sondern von erfasst. Die Einwilligung führt zu einer Rechtfertigung des Arztes, da dieser die Ablehnung einer weiteren Behandlung durch den Patienten angesichts des bevorstehenden Todes im Sinne der Menschenwürde respektieren muss.
- Äußerst problematisch ist der einseitige Verzicht auf weitere Maßnahmen (sowohl Nichtaufnahme als auch Nichtfortführung) durch den Arzt. Dieser wird aber in der Praxis recht häufig auftreten. Der Abbruch ist einseitig, wenn ihn der Patient ablehnt oder sich dazu nicht geäußert hat und dies auch nicht mehr kann. Hier sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:
- Die erste typische Situation ist ein Unfallopfer, das sich nicht mehr äußern kann aber große Schmerzen hat. Hier darf der Arzt die Schmerzen auch mit Medikamenten lindern, die möglicherweise lebensverkürzend sind, wenn andere Medikamente keine ausreichende Wirkung haben. In Deutschland wird auch diese Fallgruppe wie der einvernehmliche Verzicht strafrechtlich nicht von sondern von erfasst. Die Einwilligung führt zu einer Rechtfertigung des Arztes, da dieser die Ablehnung einer weiteren Behandlung durch den Patienten angesichts des bevorstehenden Todes im Sinne der Menschenwürde respektieren muss.
- Eine andere typische Situation ist der einige Jahre im Koma liegende Patient, bei dem die Chance auf ein Wiedererwachen medizinisch gegen Null tendiert. Die juristische Diskussion bezieht sich hier auf ethische Kategorien: So wird vorgetragen, Aufgabe des Arztes sei die Erhaltung und Sicherung der menschlichen Selbstverwirklichungsfähigkeit. Da wo keine Kommunikation mehr möglich sei und es am Bewusstsein fehle, ende die ärztliche Garantenpflicht für das Leben des Patienten. Andere nennen Stichworte wie „Schicksalhaftigkeit“, „Sinnlosigkeit weiterer Behandlung“ oder die „Natürlichkeit des Todes“. Letztlich muss aber auch hier die Menschenwürde in den Blick genommen werden, die neben dem Recht auf ein würdevolles Leben auch das Recht auf einen würdigen Tod beinhaltet.
Der deutsche Bundesgerichtshof fordert in diesen lebensbedrohlichen Fällen, bei denen die Eilentscheidungen durch den Arzt nicht geboten sind (weil irreversiblen Schädigungen vorzubeugen ist), die Einholung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts als notwendig an. Hierzu ist zunächst die Bestellung eines rechtlichen Betreuers nötig, sofern kein Bevollmächtigter aufgrund einer allgemeinen oder einer Vorsorgevollmacht tätig ist. Evtl. ist ein Verfahrensbetreuer einzusetzen.
Indirekte Sterbehilfe (Gabe von schmerzstillenden, aber evtl. lebensverkürzenden Medikamenten)
Indirekte Sterbehilfe ist der Einsatz von Medikamenten zur Linderung von Beschwerden, die als Nebenwirkung die Lebensdauer evtl. verkürzen können. Dies erfolgt in Krankenhäusern regelmäßig mit Morphium im Endstadium der Krebserkrankungen. Dieser Fall ist in der Strafrechtswissenschaft in Deutschland höchst kontrovers diskutiert worden. Im Ergebnis sind sich alle Meinungen einig, dass der Arzt hier straffrei bleiben muss. Eine Mindermeinung will die Tötungsrelevanz eines auf Schmerzmilderung zielenden Verhaltens bereits im Tatbestand verneinen. Die überwiegende Ansicht sieht den Arzt gerechtfertigt durch eine Mischung von Notstand und rechtfertigender Pflichtenkollision. Dadurch wird ausgeschlossen, dass der Arzt „Exzesse“ vollführen kann, sich also außerhalb der notwendigen Sorgfalt und damit des erlaubten Risikos bewegt. Nach Ansicht des höchsten deutschen Strafgerichts kann sogar die Nichtverabreichung notwendiger Schmerzmittel mit der Begründung, keinen vorzeitigen Tod herbeiführen zu wollen, als Körperverletzung oder unterlassene Hilfeleistung bestraft werden (vgl. Palliativmedizin).
Auch die terminale Sedierung wird als indirekte Sterbehilfe angesehen werden. Aus medizinischer Sicht ist die "indirekte Sterbehilfe" in der Praxis sehr selten, weil korrekt eingesetzte Opiate (z. B. Morphium) oder Benzodiazepine das Sterben entgegen früheren Ansichten in der Regel nicht verkürzen, sondern sogar leicht verlängern. Die juristische Diskussion zu diesem Thema erscheint deshalb manchen Palliativmedizinern als eher akademische Debatte.
Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid) Selbsttötung mit Hilfe einer Person, welche ein Mittel zur Selbsttötung bereitstellt; dies geschieht oft in der Form, dass ein Arzt eine tödliche Dosis eines Barbiturats verschreibt und sie dem Patienten zur Verfügung stellt. Die Beihilfe zur Selbsttötung ist in Deutschland nicht strafbar, die dafür geeigneten Wirkstoffe dürfen aber für diesen Zweck nicht verordnet werden, es handelt sich deshalb u. U. um einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz.
In der Schweiz ist Hilfe zur Selbsttötung nicht strafbar, sofern kein egoistisches Motiv vorliegt, ist aber gemäß den Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) nicht „Teil der ärztlichen Tätigkeit“. Bekannt sind in der Schweiz die Organisationen Dignitas und EXIT, welche Hilfestellung und Ärzte gegen Entgelt vermitteln, um bei der Selbsttötung zu assistieren. In den Niederlanden ist die vorsätzliche Hilfe zur Selbsttötung verboten, allerdings nicht strafbar, wenn sie von einem Arzt unter Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten begangen wurde und dem Leichenbeschauer Meldung erstattet wurde. Im US-Bundesstaat Oregon ist der ärztlich assistierte Suizid zugelassen und im Death with Dignity Act geregelt.
Quellenangabe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sterbehilfe#Arten_der_Sterbehilfe