Geschichte der Gastronomie in Ungarn: Unterschied zwischen den Versionen

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In der Habsburgerzeit lässt sich ein starker österreichischer und westeuropäischer (besonders deutscher und französischer) Einfluss auf die Gastronomie in Ungarn feststellen. Besonders bei der Oberschicht erfreuen sich diese Neuerungen größer Beliebtheit, manche Gerichte verbreiten sich aber auch recht schnell in allen Schichten der Bevölkerung, wie z.B. der Kaiserschmarrn und der Strudel. Maria Theresia und Josef II. förderten den Anbau der ursprünglich aus Amerika stammenden '''Kartoffel'''; in Ungarn findet man sie seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Die umgangssprachlich meist gebrauchte ungarische Bezeichnung für Kartoffel stammt von dem auch heute noch in manchen Dialekten verwendeten Wort „Grundbirne“: daraus wird ungar. ''krumpli'' (das ''–li'' ist eine Verkleinerungsform, zu deutsch –lein).  
 
In der Habsburgerzeit lässt sich ein starker österreichischer und westeuropäischer (besonders deutscher und französischer) Einfluss auf die Gastronomie in Ungarn feststellen. Besonders bei der Oberschicht erfreuen sich diese Neuerungen größer Beliebtheit, manche Gerichte verbreiten sich aber auch recht schnell in allen Schichten der Bevölkerung, wie z.B. der Kaiserschmarrn und der Strudel. Maria Theresia und Josef II. förderten den Anbau der ursprünglich aus Amerika stammenden '''Kartoffel'''; in Ungarn findet man sie seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Die umgangssprachlich meist gebrauchte ungarische Bezeichnung für Kartoffel stammt von dem auch heute noch in manchen Dialekten verwendeten Wort „Grundbirne“: daraus wird ungar. ''krumpli'' (das ''–li'' ist eine Verkleinerungsform, zu deutsch –lein).  
 
Grundbirne --> Krumper --> ''krumpli'' <br />
 
Grundbirne --> Krumper --> ''krumpli'' <br />
Eine wichtige Rolle spielen auch die deutschsprachigen Ansiedler, die besonders in der Zeit von Maria Theresia und Josef II. ins Land gebracht wurden („Schwabenzüge“). Sie brachten natürlich auch ihre Essgewohnheiten mit. Ein hübsches Beispiel dafür ist eine bestimmte Wurstart, deren Rezept Siedler aus dem süddeutschen „Stift Fulda“ mitbrachten. Diese stellten sie auch in Ungarn her – jetzt natürlich mit Paprika! Die Bezeichnung für diese Gruppe von Siedlern wurde schließlich zum Namen für die Wurstspezialität: Stift Fuldaer --> ''stifolder''.  
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Eine wichtige Rolle spielen auch die deutschsprachigen Ansiedler, die besonders in der Zeit von Maria Theresia und Josef II. ins Land kamen(„Schwabenzüge“). Sie brachten natürlich auch ihre Essgewohnheiten mit. Ein hübsches Beispiel dafür ist eine bestimmte Wurstart, deren Rezept Siedler aus dem süddeutschen „Stift Fulda“ mitbrachten. Diese stellten sie auch in Ungarn her – jetzt natürlich mit Paprika! Die Bezeichnung für diese Gruppe von Siedlern wurde schließlich zum Namen für die Wurstspezialität: Stift Fuldaer --> ''stifolder''.  
  
  

Version vom 11. April 2012, 12:29 Uhr

Geschichte der Gastronomie in Ungarn – ein kleiner Abriss

Das Leben der Ungarn vor der Einwanderung ins Karpatenbecken („Landnahme”, ungar. honfoglalás; ca. 895-902) war noch geprägt durch einen nomadischen Lebensstil. Regino von Prüm (ca. 840-915) schreibt in seiner Weltchronik, dass sie „Jagd und Fischfang betreiben, und sich von Milch und Honig ernähren.“ Aus derartigen Angaben und dem Vergleich mit anderen Nomadenvölkern kann man davon ausgehen, dass sie Fleisch (besonders Hammel, Rind und Wild) am Spieß über offenem Feuer brieten. Außerdem kochten sie im Kessel Suppen aus Rindfleisch und Gemüse – in gewisser Weise der Vorläufer der modernen Gulaschsuppe (der ungarische Begriff gulyás dafür scheint sehr alt zu sein), aber natürlich noch ohne Kartoffeln und Paprika: diese gelangen erst Jahrhunderte später nach Ungarn! In die Suppen kam wohl auch Nudelteig, der getrocknet in kleine Stücke gebrochen (lebbencs) oder zu kleinen Kügelchen gezupft und dann getrocknet (tarhonya) lange haltbar war. Fleisch, das nicht frisch verarbeitet werden konnte, konservierte man durch Einpökeln, Trocknen, Räuchern, oder man legte das ausgebratene Fleisch in Tierfett ein; aus dem Blut oder den Innereien frisch geschlachteter Schweine stellte man Wurst her (hurka). Bekannt war auch Brei, den man aus mit Wasser oder Milch verrührtem gemahlenem Getreide herstellte; auf erhitzten Rundsteinen wurde dieser auch zu Brotfladen (lepény) gebacken. An Gemüse waren Kohl, Rettich, Erbsen, Zwiebeln und verschiedene Salate bekannt sowie offensichtlich auch eine alte, aus Asien (bes. dem heutigen Iran) stammende Maissorte. (Der heute in Europa verbreitete, wesentlich ertragreichere Mais wurde dagegen erst ab dem 16. Jahrhundert von den Spaniern aus Mittel- und Südamerika eingeführt und verbreitete sich dann aber relativ schnell besonders über die Handelswege im Mittelmeer nach Osten.) Gewürzt wurde mit Bohnenkraut (csombor), Estragon (tárkony), Kümmel (kömény), Salz, Honig und Essig. Verschiedene alkoholische Getränke waren bereits bekannt: die bei Nomaden in Eurasien allgemein verbreitete gegorene Stutenmilch (Kumys) sowie eine Art von Bier und ein durch Gärung aus Hirse hergestelltes, boza genanntes Getränk. Die Landwirtschaft spielte nach der Landnahme eine wesentlich größere Rolle; vieles haben die Magyaren damals von den bereits im Karpatenbecken lebenden Slawen gelernt und übernommen. Weizen, Gerste und Hirse wurden jetzt regelmäßig angebaut, Obst und Wein wurde kultiviert und intensiv auch Viehzucht (Rinder, Schweine, Schafe) betrieben. Zahlreiche slawische Lehnwörter in der ungarischen Sprache zeigen dies auch heute noch: gomba „Pilz”, gabona „Getreide”, korpa „Kleie”, dinnye „Melone”, uborka „Gurke”, asztal „Tisch”, kemence „Backofen”, pince „Keller”, csésze „Tasse”, ebéd „Mittagessen”, ecet „Essig”, kalács (eine Art Kuchen), kolbász (eine Art Wurst), olaj „Öl”, pecsenye „Braten”, zsír „Fett”, répa „Rübe”, bab „Bohne”, lencse „Linse”, káposzta „Kohl, Kraut”, szilva „Pflaume”, málna „Himbeere”, barack „Aprikose, Pfirsich”.

König Stephan I. (István; 969-1038, regierte ab 997 als Fürst von Ungarn, ab 1000/1001 als König) heiratete Gisella, eine bayerische Prinzessin. Mit ihr kamen zahlreiche Ritter, aber auch Handwerker, Bäcker und andere Fachleute aus dem Frankenreich (besonders aus Bayern) nach Ungarn. So können wir im Mittelalter auch einen gewissen deutschen Einfluss auf die Entwicklung der Gastronomie in Ungarn feststellen – in dieser Zeit wurde beispielsweise die Brezel (ungar. perec) in Ungarn eingeführt. Das Essen der einfachen Menschen war zu dieser Zeit wohl ziemlich eintönig und bestand hauptsächlich aus Getreide- und Gemüsebrei und –suppen; Fleisch wurde wenig konsumiert. In den Klöstern sind Aufzeichnungen über die Essgewohnheiten der Mönche erhalten. Im Kloster Pannonhalma wurden beispielsweise Speisen aus Fleisch, Fisch und Obst zubereitet. Die umliegenden Dörfer, die mit ihren Ländereien zum Kloster gehörten, mussten die Lebensmittel an die Mönche liefern.
Auch Beatrix von Aragon, Tochter des Königs von Neapel, trug zur Veränderungen bei den ungarischen Essgewohnheiten bei. Sie heiratete 1476 den ungarischen König Matthias (Hunyadi Mátyás; 1443-1490; reg. ab 1469), und brachte in ihrer Gefolgschaft viele italienische Handwerker, Künstler und auch Köche nach Ungarn. Deutlich unterschied sich die jetzt italienisch geprägte Küche am Hof von König Mattias von der seiner Vorgänger. Fleischgerichte wurden jetzt beispielsweise mit kräftigen Soßen gewürzt, wobei Zwiebeln und Knoblauch und als Gewürze Pfeffer, Ingwer, Anis und Dill eine wichtige Rolle spielten. Sehr beliebt war Fisch, vor allem: Hecht, Quappe (auch Trüsche oder Treische), Aal und Forelle. An Fleisch kamen vor allem Rind, Schaf, Haus- und Wildschwein, Ziege, Hirsch, Reh, Hase, Gans, Ente, Rebhuhn und Fasan auf den Tisch. Als Delikatesse galt das Fleisch extra gezüchteter Pfauen. In Essig eingelegte Fische waren ebenfalls bekannt. Dazu wurde in großen Mengen Brot aus Sauerteig verzehrt. Außerdem gab es Käse, und in dieser italienisch beeinflussten Zeit verbreiten sich auch die Esskastanie und Nudelgerichte.
Selbstverständlich war auch in dieser Zeit das Essen der einfachen Leute viel bescheidener: für sie hatte sich zunächst wenig geändert, und nur langsam setzten sich höfische Trends in breiteren Kreisen der Bevölkerung durch.
Nach dem Fall Budas im Jahr 1641 besetzten die Türken große Teile Ungarns und richteten sich dort für die nächsten ca. 150 Jahre häuslich ein. Immerhin leisteten auch sie gewisse Beiträge zur ungarischen Küche, wie wir sie heute kennen. Besonders das Paprika hat ungarische Essgewohnheiten wohl verändert wie kaum eine andere Zutat. Ursprünglich von den Spaniern aus Mittel- und Südamerika eingeführt verbreitete es sich rasch im gesamten Mittelmeergebiet und kam über venezianische Händler auch ins Osmanenreich. Die Türken nahmen es schließlich mit auf ihre Feldzüge. Ungarn verfügt über Landschaften, die für den Anbau hervorragend geeignet sind, und so verbreitete sich das Paprika im Land und ist heutzutage aus etlichen Nationalgerichte (denken wir nur an Gulasch und Gulaschsuppe) nicht mehr wegzudenken. In dieser Zeit lernen die Ungarn erstmals den Kaffee kennen, richtig populär wird das schwarze Getränk aber erst unter dem Einfluss der Wiener Kaffeehaus-Kultur im ausgehenden 18. und besonders im 19, Jahrhundert.
In der Habsburgerzeit lässt sich ein starker österreichischer und westeuropäischer (besonders deutscher und französischer) Einfluss auf die Gastronomie in Ungarn feststellen. Besonders bei der Oberschicht erfreuen sich diese Neuerungen größer Beliebtheit, manche Gerichte verbreiten sich aber auch recht schnell in allen Schichten der Bevölkerung, wie z.B. der Kaiserschmarrn und der Strudel. Maria Theresia und Josef II. förderten den Anbau der ursprünglich aus Amerika stammenden Kartoffel; in Ungarn findet man sie seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Die umgangssprachlich meist gebrauchte ungarische Bezeichnung für Kartoffel stammt von dem auch heute noch in manchen Dialekten verwendeten Wort „Grundbirne“: daraus wird ungar. krumpli (das –li ist eine Verkleinerungsform, zu deutsch –lein). Grundbirne --> Krumper --> krumpli
Eine wichtige Rolle spielen auch die deutschsprachigen Ansiedler, die besonders in der Zeit von Maria Theresia und Josef II. ins Land kamen(„Schwabenzüge“). Sie brachten natürlich auch ihre Essgewohnheiten mit. Ein hübsches Beispiel dafür ist eine bestimmte Wurstart, deren Rezept Siedler aus dem süddeutschen „Stift Fulda“ mitbrachten. Diese stellten sie auch in Ungarn her – jetzt natürlich mit Paprika! Die Bezeichnung für diese Gruppe von Siedlern wurde schließlich zum Namen für die Wurstspezialität: Stift Fuldaer --> stifolder.





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Betreuung der Seiten, Übersetzungen: Thomas C. DAHN, Fachlehrer u. muttersprachlicher Lektor